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Wie kann ich meine Angstzustände bekämpfen?

angstzustände bewältigen

Raf89, Mann, 29 Jahre:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in den letzten Jahren habe ich bemerkt, dass ich unter Klaustrophobie leide. Die Angst nimmt immer noch zu. Wenn ich zum Beispiel in einem Aufzug, in einem Schiff oder Flugzeug bin. In einem Aufzug habe ich das Gefühl, dass er plötzlich kaputt wäre und dass ich nicht genug Sauerstoff finden könnte. Auch wenn ich auf einer Reise bin, insbesondere in einem Schiff, da kommt mir plötzlich die Sehnsucht nach meiner Familie. Ich fühle mich unsicher und dass etwas Schlimmes passieren würde. Wie kann ich diese Angstzustände bekämpfen?

Danke im Voraus für Ihre Beratung.

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Antwort von Psychologen Online

Lieber Raf89, vielen Dank für die Zusendung Ihres Anliegens.

Als erstes möchte ich Ihnen berichten, wie sich normalerweise eine Angststörung entwickelt. Angst entsteht häufig in einer Phase großer Verunsicherung und hat die Vermeidung bestimmter Situationen zur Folge, was einem ein Gefühl von Kontrolle vermittelt. Jedoch ist gerade diese Konsequenz (also das Nachlassen der Angst durch Vermeidung) das Tückische, da diese als Entlastung empfundene Wirkung das Vermeidungsverhalten noch verstärkt. Es entsteht ein Kreislauf aus Angstzuständen und Vermeidung.

Oft ist die Auslösesituation irgendwann gar nicht mehr gegeben. Die Angstreaktion hat sich verselbstständigt. Es entstehen auf körperlicher Ebene blitzschnell Angst- oder sogar Panikgefühle, auf die unser Verstand nur bedingt Einfluss hat. Außerdem achten Betroffene mit der Zeit auf geringste Anzeichen ihrer körperlichen Symptome (z.B. Erhöhung der Herzschlagfrequenz) und deuten manchmal harmlose Körpervorgänge im Sinne einer Panikattacke, was diese aber erst auslöst.

Spätestens wenn die Klaustrophobie so weit fortschreitet, dass Sie sich dadurch in Ihrem Alltag erheblich eingeschränkt fühlen, sollten Sie eine Therapie beginnen. In der Regel bezahlen die Krankenkassen eine Verhaltenstherapie bei einem/r niedergelassenen Psychologischen Psychotherapeuten/in.

Angstzustände bekämpfen: in Stufen

Sehr bewährt hat sich bei Angststörungen wie der von Ihnen beschriebenen Klaustrophobie eine Kombination aus Konfrontation mit den angstauslösenden Situationen und kognitiver Verhaltenstherapie. Der erste Schritt ist hierbei die Selbstbeobachtung. Versuchen Sie, eine Angsthierarchie zu erstellen, indem Sie die Auslöser der Angstzustände (sowohl bestimmte Situationen, aber auch Ihre Gedanken), die empfundene Angststärke und Ihre Reaktionen notieren.

Meistens bespricht man dann mit seinem/r Therapeuten/in einen Stufenplan, den man teilweise gemeinsam, teilweise allein durchgeht – eventuell zunächst in der Phantasie, dann in der Praxis. Man beginnt mit den in der Angsthierarchie als nicht so schwierig bewerteten Situationen und schreitet erst dann zur nächsten Stufe, wenn die Aufgabe der vorhergehenden Stufe gut und ohne Angst bewältigt wird. Dadurch lernen Sie allmählich und schrittweise, mit Ihrer Angst umzugehen.

Eine andere Methode wäre, sich sich sofort mit den in der Angsthierachie am schwierigsten eingeschätzten Situationen zu konfrontieren. Das kostet natürlich viel Überwindung und sollte am besten mit Hilfe eines Therapeuten bzw. einer Therapeutin erfolgen, ist aber auch sehr erfolgversprechend.

Angstzustände bekämpfen, indem man sie erträgen lernt

Sie lernen während einer solchen Behandlung, dass Sie die Angst ertragen können und diese auch von alleine wieder vergeht. Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist, dass Sie sich nicht ablenken, sondern sich ganz auf die Situation konzentrieren. Außerdem dürfen Sie sich der angsteinflößenden Situation nicht entziehen, sondern dürfen sie erst dann verlassen, wenn die Angst vergangen ist. Die Angstsituation muss also quasi „durchlebt“ werden, ohne zu fliehen. Dadurch erleben Sie die tatsächliche Ungefährlichkeit der Situation, d.h. dass die von Ihnen gefürchteten Folgen nicht eintreten.

Nicht nur Sie möchten Ihre Angstzustände bekämpfen: neben der Therapie kann man noch zusätzlich eine Angstbewältigungsgruppe besuchen, eventuell in Form einer Selbsthilfegruppe. Der Kontakt mit anderen betroffenen Menschen hilft, sich mit seiner Problematik nicht alleine zu fühlen und auch am Beispiel von anderen zu lernen.

Es könnte Ihnen auch helfen, ein Entspannungsverfahren zu erlernen, das Ihnen in konkreten Angstsituationen hilft, eine starke körperliche Anspannung, die mit der Angst einhergeht, frühzeitig zu erkennen und zu senken. Zu den wichtigsten Entspannungsverfahren gehören Atemübungen, die progressive Muskelrelaxation (PMR) nach Jacobson und Autogenes Training.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen, und wünsche Ihnen alles Gute!

  • Elke Aliatakis ist Psychologin und systemische Therapeutin und lebt in Herrenberg.

  • Die Antworten im Blog von Psychologen Online bieten eine erste Orientierungshilfe. Sie können keine Psychotherapie ersetzen und können auch keine Hilfe bei ernsten psychischen Problemen leisten. Die Online-Beratung erfolgt unentgeltlich durch einen Psychologen von Psychologen Online. Die Antwort bringt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin zum Ausdruck und spiegelt nicht unbedingt die Meinung von Psychologen Online wider.
    Die Beratung von Psychologen Online per Videotelefonie oder Telefon ist kostenpflichtig. Sollten Sie ein kostenfreies Beratungsangebot suchen, können Sie sich zum Beispiel an die Telefonseelsorge unter 0800/111 0 111 wenden.


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